(Verflucht ... wer hat Photoshop deinstalliert?)
Sommer. Neben Sonne, Badi und zu viel Glacé ist der Sommer auch jene Zeit, wo man dauernd von Feriengängern E-Mails, Fotos oder gar Blogs zugeschickt bekommt, die mit «Ach, sind unsere Ferien schön ...» oder «Schau mal, dort war ich ...» beginnen. Und dabei sitzt man selber im viel zu heissen Büro und schwitzt mit zunehmender Stunde in zunehmenden Mengen. Wir haben die Lösung für euer Problem:
Ferien haben neben all den schönen Seiten ja auch anstrengende, peinliche und im Nachhinein lustige Momente. Gerne lassen wir euch an einigen teilhaben, damit ihr euch mit dem Gedanken trösten könnt, dass es euch nicht so wie uns ergangen ist ...
Als reise-erfahrene Person weiss man, dass man in den ersten Tagen an einem fremden Ort kein Leitungswasser trinken soll. Schliesslich muss auch die Darmflora etwas Zeit haben, um sich kulturell einzugewöhnen. Glaubten wir ... zumindest vor Island.
Umso erstaunlicher waren folgende «Zwischenfälle»:
Fazit: «drink water from the tap, or they'll get really mad».
Unsere Entscheidung reissende Gletscherflüsse nicht selber zu durchqueren, wurde durch unsere Hochlandtour mit Ingi nur noch bestätigt (obwohl Claudia mit dem RICHTIGEN Auto wohl genauso grinsend wie Ingi durchs Hochland cruisen würde).
Da aber selbst einige Strassen der üblichen Touristenrouten nicht asphaltiert sind, hatten wir ein ansatzweise geländetaugliches Fahrzeug gemietet. Mit dem Auto kam eine Versicherung so gegen ziemlich alles ausser Schäden am Unterboden und dem Ersäufen des Fahrzeugs in einem Fluss, sowie die Erlaubnis jedes Ding zu befahren, das als Strasse deklariert ist.
Den ersten Test bestand unser Auto bravourös: Die geteerte Strasse nach Isafjördur mit ihren Pässen und ohne andere Verkehrsteilnehmer verleiteten Claudia den Tacho zu missachten, aber die eingeschaltete Cruise-Control schaffte auch da Abhilfe.
Vom Erfolg des Vortages motiviert, wagten wir uns am nächsten Morgen an die erste Schotterpiste. Deren Ende war ein Aussichtspunkt, von wo man zwar nicht bis nach Grönland (ein allem Anschein nach hartnäckiges Gerücht), aber nichts desto trotz in die Ferne sehen kann.
Anschliessend stand die Besichtigung des Nachbarorts auf dem Programm. Dieser ist seit 1996 durch einen Tunnel erschlossen.
Da Tunnelfahren aber langweilig ist, die ehemalige Passstrasse auf all unseren Karten noch geführt war und der Reiseführer diese sogar explizit anpries, entschieden wir uns für das Abenteuer Scenic-Route.
Auf dem ersten Kilometer strahlte Claudia über die ungeteerte Nebenstrasse voller Schlaglöcher, und auf einmal sahen wir zu unserer Linken ein verlottertes Häuschen. Da wir auf verlottert stehen - Stichwort Industrieruinen - hielten wir natürlich sofort an und machten uns mutig auf den Weg - über Hügel und Bäche - zu dem rostendem Etwas.
Und auch wenn wir bis heute nicht wissen, um was es sich handelt, zurück blieb ein Star-Wars-Feeling ...
Ab da ging es bergab, auch wenn die Strasse bergauf ging. Die Schlaglöcher wurden mehr, die Steine grösser. Irgendwann standen wir vor einem Steinschlag und einem grossen Brocken, auf dem «Lokad» stand.. Unser Isländisch war inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es dort nicht weiterging (auch der unüberquerbare Steinschlag war ein Hinweis ...).
Entmutigt machten wir uns wieder auf den Rückweg, uns fragend, ob wohl alle Nebenstrassen in Island in einem so schlechten Zustand sind. Die abschliessende Unterbodenkontrolle des Autos brachte noch mehr Freude: Die Plastikabdeckung hing etwas tief, so circa fünf Zentimeter über Boden. In der perfekten Höhe also, um früher oder später ganz abzufallen (In unserer Fantasie idealerweise dann, wenn wir mit gut 90 über die Strasse brettern ...). Also hiess unser nächstes Ziel Werkstatt, wo die fehlenden Schrauben ersetzt wurden. Geflickt in 5 Minuten., Zeitaufwand mit allem drumherum 3 Stunden.
Entsprechend «verunsichert/angesäuert/den Karten nicht mehr wirklich glaubend» machten wir uns am nächsten Tag auf Richtung Westen, zum grössten Wasserfall der Westfjorde über unbefestigte Strassen. Wie ihr aber zur Rechten sehen könnt, waren unsere Sorgen unbegründet ...
Nach unserer Erfahrung mit der Scenic-Route beschlossen wir am nächsten Tag dem normalen Strassenverlauf durch den Tunnel zu folgen. Doch auch dieser hielt die eine oder andere Überraschung bereit:
Die erste war die T-Kreuzung mitten im Tunnel. Die zweite folgte aber sogleich: Die Strasse (immer noch im Tunnel wohlgemerkt) wurde danach einspurig. Den Nerven halfen da auch die regelmässig vorgesehenen Ausweichstellen, in welche man sich bei plötzlich auftauchenden Scheinwerfern flüchten konnte, wenig.
Der Ausflug ins Nachbardorf war aber auch sonst eine Erfahrung der anderen Art: Die Siedlung unterhielt früher eine der grösseren Wal- und Haifangstationen. Heute wirkte sie praktisch ausgestorben und beim Schlendern durch die Strassen und Strässchen war man sich nie ganz sicher, welche Häuser noch bewohnt oder sich selber überlassen sind.
Nach unseren verkehrstechnischen Überraschungen erwartete uns am nächsten Tag ein banaleres Problem: Beim Auspacken der Koffer funktionierte die - sich seit Jahren im Einsatz befindende - Zahlenkombination nicht mehr. Der Leatherman - unser einzig brauchbares Werkzeug zum gewaltsamen Öffnen eines Koffers - befand sich natürlich in eben diesem Gepäckstück.
Glücklicherweise gab es nur 1000 Kombinationsmöglichkeiten ...
Man merke sich aber: Zahlenschlösser an Koffern lassen sich leicht verstellen. Also vor dem Abschliessen nochmal einen Kontrollblick.
Der Rest des Tages gestaltete sich wesentlich erfreulicher, bei Seelöwen- und Wasserfallgucken.
Die Isländer nehmen ihre Nachspeisen ernst. Sowohl geschmacklich wie auch mengenmässig bleiben sie nichts schuldig.
Unsere erste diesbezügliche Erfahrung machten wir in Reykjavik, als wir das Mittagessen durch Pancakes respektive Schokoladenkuchen ersetzten. Qualitativ vom feinsten, portionenmässig «du gehst nachher ein Nickerchen machen». Das zweite mal gönnten wir uns nach einem Abendessen eine Nachspeise: Marc bestellte Schokokuchen-Glacé-Sandwich mit Schlagrahm und Claudia entschied sich für zerbröckelte Meringue mit Nutellaschlagrahm, Glacé, frischen Beeren und Schokosauce. Die Kellnerin meinte zu unserer Reaktion auf die Riesenteller nur «You'll roll out of here» ... Recht hatte sie! Aber wir würden es jederzeit wieder tun :-)
Für erfahrene Islandreisende mag der Titel einen Sinn ergeben, für alle anderen: Lasst euch mitnehmen auf eine Reise durch Islands Hochland, dem wohl ausserweltlichsten Ort auf Erden.
Unser Abenteuer nahm seinen Anfang nach zwei Tagen sonnenverwöhntem Sightseeing in Reykjavik … und was für ein Anfang es nahm:
Das Gefährt, welches sich dem ausgemachten Treffpunkt näherte, war – gelinde gesagt – riesig und glich eher einem Mondlandefahrzeug oder Monstertruck als einem Auto.
Diesem Koloss entstieg unserer Fahrer Ingi: Im ersten Moment eher kurzangebunden (wie das Eis im Sommer taute er aber im Verlauf der folgenden Tage zunehmend auf), mit englischen Humor ausgestattet (mehr dazu später) und seit Geburt auf dem Planeten Island heimisch.
Nach der Erstbesteigung des Bergs namens Auto rauschten wir davon, wobei alle anderen Verkehrsteilnehmer die Spurbreite bis an die Grenze des Erlaubten ausnutzten, um unserem Koloss zu entgehen (ein Verhalten, das wir in vielfältiger Ausprägungen – vom Ab der Piste fahren bis zum abrupten Anhalten - über die nächsten Tage erlebten).
Kurz nach dem Verlassen der Stadt begann das wandelnde Lexikon Ingi sein Wissen mit uns zu teilen. So erfuhren wir von „falschen Kratern“ oder der Kollision zwischen Lava und einer grossen Menge Wasser, die Vulkankrater-ähnliche Gesteinsformationen hinterliess. Ein Phänomen, das man in Island oder auf dem Mars betrachten kann … Es war der perfekte Startschuss für eine dreitägige Reise auf den wohl einmaligen „Planeten“ Island.
Eine gewöhnungsbedürftige Seite Islands ist der stetig wiederkehrende Geruch fauler Eier. Und wenn man eine Nase voll des schwefelhaltigen Wasserdampfs abgekriegt hat, will man gar nicht wissen, wie es wohl im Erdinneren riechen mag. Einige wenige, einfach zu merkende Regeln helfen aber schnell über dieses Problem hinweg:
Auch wenn der Geruchssinn etwas darunter leiden mag, ein Besuch einer solchen Austrittstelle lohnt sich allemal … das Zischen des Dampfes und die ungewohnte Farbenpracht werden euch sämtliche (anderen) Sinne rauben …
Manch andere Schätze Islands liegen im Verborgenen … so auch der folgende
Folgt man dem mäandernden Bachlauf für eine geraume Weile, erwischt man das richtige Seitental, schreitet man mutig in die vor einem liegende Höhle und erklimmt zu guter Letzt einige Felsbrocken, so tut sich folgender Anblick auf:
Einige Orte kann man hingegen schlecht in einem Bild festhalten, denn dieses grüne Tal hat sich wohl für ewige Zeiten in unser Gedächtnis eingebrannt. Nicht nur erstreckte sich dieses leuchtend-saftige Grün kilometerlang, sondern es war ein Ort absoluter Stille. Und an dieser Stelle ist das Wort „absolut“ nicht unbedacht gewählt: Kein Pfeifen des Windes, kein Plätschern des Wassers, keine Tiergeräusche, kein Etwas störte die völlige Abwesenheit von Geräuschen.
Etwas lauter ging es in Landmanauger zu und her. Kein Wunder, denn es handelt sich um den Touristenmagneten des südlichen Hochlands.
Vom normalen PW bis hin zum jeepartigen Car, von kleinen Ein-Mensch-Zelten bis zu Tipi-artigen Konstruktionen war alles in diesem kleinen „Outdoorsien“ anzutreffen. Darin ging fast schon die zwar karge, aber nichts desto trotz faszinierende Natur unter … aber eben nur fast …
Hekla war entgegen ihrer Natur etwas schüchtern und verbarg sich während der gesamten Reise hinter einem Wolkenkleid. Die Bilder zeigen daher Ausschnitte aus der schwarzen Wüste, die der Vulkan bei einem seiner vielen Ausbrüche hinterlassen hat.
Hekla ist wohl der prägendste Vulkan für Island im letzten Jahrhundert. Seine Ausbrüche verändern Land und Landschaft in regelmässigen Abständen. Und das alles bei einer Vorwarnzeit von 30 bis 90 Minuten. Kein Wunder also begrüssen einem grosse Warntafeln, sobald man sich in seine Nähe begibt.
Umso bewundernswerter ist dafür die Gelassenheit der Isländer – oder wie Ingi meinte – die Fähigkeit aktiv zu verdrängen. Aber nur bis der Vulkan wieder spuckt: Denn dann steigen sie alle in ihre 4x4-Jeeps und gehen Lava-schauen …
Falls jemand einen weiteren Beweis dafür benötigt, dass Island und die Isländer nicht ganz von dieser Welt sind: Man glaubt hierzulande fest an Feen, Trolle und andere Sagengestalten. Man mag jetzt einfach dem Brennivin die Schuld geben, aber ein Teil der Geschichten hat einen anderen Hintergrund:
In den harten, alten Zeiten gab es Schafhirten, die den Sommer mit ihren Tieren im Hochland verbrachten. Und dort oben gab es nichts anderes zu tun, als die Landschaft zu betrachten. Und selbst uns ging es nach einigen Tagen so, dass wenn wir lange genug hinsahen, die Sagengestalten erschienen: Der Troll in einer Gesteinsformation, die Elfe in der Spiegelung des Wassers und der Drache im Wolkengebäude.
Oder seht ihr etwa die sich liebenden Trolle nicht? Händchenhaltend lagen sie auf ihrer Schlafstätte und ob der Schönheit des Sternenhimmels vergassen sie die Zeit. Bis die Sonne sie für alle Ewigkeit zu einem Teil der Landschaft machte.
Was uns aber am meisten in den Bann zog, waren die Farben. Klar brettert man auch gelegentlich kilometerlang durch grauschwarze Kraterlandschaften, aber dann umkurvt man einen Hügel und vor einem breiten sich Rot-, Grün- und Gelbtöne aus, das einem die Augen wässern.
Und wenn man mit Ingi unterwegs ist, bleibt erst recht kein Auge trocken. Da fährt man einen Hang hinauf, ein eleganter Schlenzer zum Schluss und man sieht das …
Und als hätten wir nicht schon genug erlebt, machten wir auf dem Rückweg noch einen kurzen halt in „Island aka Disneyland“.
Diese Oase mitten im Nirgendwo liegt am Grund eines Tales. Liebevoll gestaltete Wege und hölzerne Brücken laden zum Flanieren zwischen plätschernden Bächen umgeben von zwitschernden Vögeln ein. Und es würde einem nicht wundern, wenn aus einem der Büschen eine Prinzessin angehüpft käme und wie in einem der alten Disneyfilme zum Duett mit den Vögeln anstimmen würde …
Keine Sorge, wir haben es nicht vergessen: Wir haben euch von Ingis humorvoller Seite berichtet und wollen natürlich die entsprechende Geschichte erzählen. Auf unseren Fahrten durchs Nirgendwo begegneten uns auch der eine oder andere Velofahrer. Und nur damit ihr hier die richtige Vorstellung habt: Das waren Menschen, die dick eingemümmelt, gekrümmt von ihren schweren Lasten, versuchten ihr Mountainbike zwischen spitzen Lavasteinen und knöcheltiefen Flüssen hindurch zu manövrieren.
Ingi teilte unsere Verwunderung über die schwitzenden, rotangelaufenen Verkehrsteilnehmer und meinte:
„Some of my friends tell me, to try bicycling… it’s so much fun. But you know what? If it is so much fun, why do I never see a cyclist smile?”
Ein Kommentar, den wir in vielfacher Hinsicht wiederverwendeten. Zum Beispiel als der durchnässte Pudel namens Velofahrer vor unserem Koloss stehen blieb und wir gemeinsam bemerkten: „Even after he has stopped, he’s still not smiling …“
Und bei all unserer Fiesheit muss gesagt sein: Bis heute hat das Hochland Islands noch keinen lächelnden Velofahrer gesehen. Dafür könnt ihr - wenn ihr die entlegensten Strässchen befahrt - ab und zu Ingi in seinem Koloss sehen, wie er über Stock und Stein (oder Gletscher oder Lavafeld oder …) mit einem dicken Grinsen im Gesicht dahinrauscht.
Texte und ein Teil der Bilder von Gastautor Marc. www.realitaetzweinull.ch